Hat der Nachhaltigkeitsgipfel nachhaltige Folgen?

Die beiden offiziellen NGO-VertreterInnen in der Österreichischen Delegation, Magdalena Kern von Licht für die Welt und Daniel Bacher von der Dreikönigsaktion
Die beiden offiziellen NGO-VertreterInnen in der Österreichischen Delegation, Magdalena Kern von Licht für die Welt und Daniel Bacher von der Dreikönigsaktion

Die UN feiert ihr 70 jähriges Bestehen, die 2030 Agenda für Nachhaltige Entwicklung wurde letzten Freitag angenommen und ein für die USA historischer Papstbesuch geht mit einer Messe mit hunderttausenden Besucher/innen heute am Sonntag den 27. September zu Ende. Dieser Tage fallen Worte wie historisch, groß oder transformativ sehr oft. Ob die globalen Nachhaltigkeitsziele wirklich ein großer Wurf sind, lässt sich wohl erst im Nachhinein beurteilen. Sie wurden jedenfalls feierlich angenommen – fertig verhandelt wurde die Agenda bereits vor Wochen.

Am Wochenende wurden sechs interaktive Dialoge zu Armut und Hunger, Ungleichheit und Empowerment von Frauen und Mädchen, nachhaltiger Konsum und Produktion, globale Partnerschaften, Klimawandel sowie rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen abgehalten. Das „Wie“ der Umsetzung stand dabei im Zentrum und die Staaten bemühten sich Konsens und die Stärken der SDGs in den Vordergrund zu stellen.

Ein neues Denken weg von Silos wie Wirtschaft, Soziales oder Ökologie; eine für alle Länder der Welt gültige Agenda; eine stärkere Verankerung ökologischer Ziele; Ungleichheit als eigenes Ziel; eine Einbeziehung der Wirtschaft als Innovationsmotor; ein Bekenntnis extreme Armut abzuschaffen; ein Ziel zu Frieden, Inklusion und Rechenschaft, … die Liste ließe sich ohne Schwierigkeiten verlängern. Umweltschutz wird jedenfalls nicht mehr als Herausforderung im Widerspruch zu Wirtschaftswachstum, sondern Nachhaltigkeit als neue Marktchance begriffen. Was sich durch die SDGs an nationalen Plänen und Nachhaltigkeitsstrategien nun wirklich verändert, war leider noch sehr schwammig. Ein nachhaltig vor jedem Plan macht noch keine wirksame Nachhaltigkeitsstrategie!

In einem Side Event mit der Zivilgesellschaft wurden allerdings erste „SDG Pioniere“ vorgestellt. Tansania, Kenia, Indonesien, Schweden und Kolumbien als Erfindernation der SDGs. Vor allem die Umsetzung von Kolumbien war ausgefeilt. Alle 17 Ziele und 169 Indikatoren wurden mit nationalen Plänen verknüpft, Dialoge geführt und neue Daten gesammelt. Selbst der Friedensprozess wurde mit Indikatoren abgebildet. Eine akademische Übung der nationalen Planungsbehörde oder doch ein Schritt zu ganzheitlicher Entwicklung?

Die Zivilgesellschaft begrüßte die Beispiele als erste Schritte hin zu einer Implementierung und forderten eine rasche Umsetzung, Kohärenz und Rechenschaft ein. Reden alleine genüge noch nicht, die Regierungen werden letztendlich daran gemessen werden, ob die SDGs nun wirklich zu mehr Inklusion, Transparenz, Gleichheit und Empowerment beitragen. Angesichts der vielen gegenwärtigen Krisen, Kriege, steigender Vermögensungleichheit und Menschenrechtsverletzungen blieb allerdings viel Skepsis bestehen.

Auch die Rede vom Papst am Freitag wurde von verschiedensten Sprecher/innen immer wieder als Referenz herangezogen und der Politik Misstrauen bei ihrer Motivation entgegengebracht. Franziskus betonte, dass die Würde der Menschen und ihre Rechte im Zentrum stehen müssen. Zudem müsse der Mensch einsehen, dass er die Erde nicht besitze und Verantwortung übernehmen muss. „he is not authorized to abuse it, much less to destroy it.“ Der Papst betonte sogar, dass die Umwelt Rechte habe und forderte eine Gemeinwohlorientierung ein. Kardinal Tagle aus den Philippinen brachte die Grenzen für Mensch und Erde ebenfalls illustrativ auf den Punkt: „The sky is the limit.“

Die moralische Dimension der Rede vom Papst wurde von vielen immer wieder herausgestrichen und insbesondere Inselstaaten wie Tuvalu, Trinidad und Tobago oder Barbados forderten Maßnahmen zur Einhaltung des 1,5 Grad Ziels. Die historische Schuld des Nordens wurde betont und die Notwendigkeit mehr für Klimaschutz und Finanzierung zu tun.

Die Klimakonferenz COP 21 in Paris wird letztendlich der erste Litmustest für die neue Agenda sein genauso wie die Ernsthaftigkeit bei der nationalen Umsetzung. Die Agenda könnte in den kommenden Monaten auch noch durch eine verengte Auswahl an Indikatoren (zur Messung) verfälscht werden. Bundespräsident Fischer sprach sich vor der UN jedenfalls für eine nationale, regionale und globale Umsetzung der SDGs aus und bekundete seine volle Unterstützung.

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daniel.bacher@dka.at

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